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Artikel: Hauptsache stark!?

Hauptsache stark!? - carabica - fine coffee culture

Hauptsache stark!?

Wie sollte Kaffee sein? Stark. Ist das so? Warum sind so viele Kaffeetrinker dazu übergegangen, Kaffee allein anhand der "Stärke" beurteilen?

Bei carabica - fine coffee culture suchen Interessierte erfolglos nach der Angabe "Stärke". Kaffee schmeckt, oder er schmeckt nicht. Letztlich entscheidet die Zubereitung über die wahrgenommene Stärke des Kaffees. Was es aber mit "Stärke" im Kaffee auf sich hat, schauen wir uns jetzt genauer an:

 

Vorab: natürlich haben Kaffeebohnen unterschiedlich viel Koffein. Arabica Kaffeebohnen enthalten beispielsweise ca. 1-1,7% und Robusta Canephora ca. 2-4,5% Koffein. Doch um eine Unterscheidung anhand der Menge des Koffeins geht es mir hier nicht.

Die subjektiv wahrgenommene Stärke ist vielmehr ein komplexes Zusammenspiel der aromatypischen Eigenschaften der verwendeten Kaffeebohne inklusive der Säure / Süße sowie der Zubereitungsart, des Mahlgrades und der Nutzung von geeignetem Wasser.  

 

EXTRAKTION - ZENTRALER EINFLUSS AUF DIE STÄRKE DEINES KAFFEES

Unter Extraktion verstehen wir - banal gesagt - das Herauslösen von wasserlöslichen Bestandteilen aus dem Kaffeemehl. Dazu zählen Aromen, Fette, Säuren, Mineralien und auch Bitterstoffe. Im Fall von Espresso arbeiten wir zusätzlich mit Druck, beim Filterkaffee drucklos. Ein korrekt extrahierter Kaffee wirkt ausbalanciert, weist sowohl Säure als auch Süße auf, ist nicht zu bitter und stellt die Aromen in der Tasse optimal dar.

Maximal 30% der Anteile der Kaffeebohne sind wasserlöslich. Der Rest besteht aus Pflanzen- und Holzfasern. Am besten schmeckt ein Kaffee allerdings bei einer Extraktionsrate von 18-22% - dem sogenannten "Gold Cup Standard". Doch selbst innerhalb der 18-22 Prozent ist der Geschmackliche Spielraum relativ groß.

 

Unterextraktion

Werden zu wenig Aromen und Fette aus dem Kaffeepulver während der Extraktion herausgelöst, sprechen wir von Unterextraktion. Der Kaffee ist im Ergebnis fad, wässrig, wenig aromatisch und säuerlich. 

 

Überextraktion

Ein Kaffee, der mehr als 22% Extraktionsrate aufweist ist überextrahiert. Die positiven Kaffeearomen sind bereits aus dem Kaffeemehl gelöst worden und was folgt sind Bitterstoffe und Gerbsäuren. Diese überlagern den eigentlichen Kaffeegeschmack.

 

Die Gründe für Unter- und Überextraktion lassen sich sehr klar definieren und dadurch auch einfach vermeiden. Primäre Einflussfaktoren bilden dabei der Mahlgrad, die Dosierung als auch die Wassertemperatur und -menge.

 

MAHLGRAD UND WAHRGENOMMENE STÄRKE DES KAFFEES 

Fein gemahlener Kaffee besitzt aufgrund der vielen kleinen Partikel eine größere Oberfläche als grob gemahlener Kaffee. Umso feiner der Kaffee gemahlen wurde, desto langsamer fließt das Wasser durch das Kaffeemehl, was zu einer höheren Aromakonzentration (TDS = total dissolved solids) führt, bei gleichzeitig geringerem Wasseranteil. Grob gemahlener Kaffee führt entsprechend zu einer geringeren Aromakonzentration.

Eine Faustregel: bei kurzer Extraktionszeit sollte Kaffee feiner gemahlen werden. Bei langer Extraktionszeit wird der Kaffee gröber gemahlen.

 

EXTRAKTIONSZEIT & MAHLGRAD

Bei gleicher Extraktionszeit, z.B. beim Espresso, fließt also bei zu grobem Kaffeemehl zu viel Wasser zu schnell durch den Kaffeepuk. Zu feines Kaffeemehl dagegen stellt eine zu große Barriere für das Wasser dar und am Ende landen nur wenige Tropfen völlig überextrahierter Espresso in der Tasse: zu wenig Wasser und zu langsame Fließgeschwindigkeit.

Da wir mit der gleichen Extraktionszeit arbeiten, ergeben sich durch unterschiedliche Fließgeschwindigkeiten  unterschiedliche Tassen Kaffee, bei der das Wasser aber den gleichen Anteil Aromen transportiert. Der Unterschied liegt in der Wassermenge in der Tasse. Sehr kurze Getränke haben dabei einen sehr geringen Wasseranteil, z.B. Espresso und Ristretto, und weisen eine hohe Viskosität auf, vergleichbar mit Sirup. Ein Lungo dagegen ist milder und ausgewogener, da ein gröberer Mahlgrad bei gleicher Extraktionszeit eine höhere Fließgeschwindigkeit und daher ein "längeres" Getränk zulässt. 

 

Als Richtwert für Espresso gilt (grob gesagt):  
Mahlgrad - fein bis sehr fein
Extraktionszeit - 22-30 sec
Dosierung - single: 11-13g, double 18-22g
Menge in der Tasse - single 22g, double 36-40g
(Dies sind nur Richtwerte: jeder Kaffee braucht sein eigenes Rezept)

 

DOSIERUNG - BALANCE ERWÜNSCHT 

Eigentlich ist es logisch: wenn du mehr Kaffeepulver verwendest, wird dein Kaffee intensiver schmecken. Sensorisch betrachtet treten die feinen Aromen, Süße und Säure in den Hintergrund und deine Zunge nimmt hauptsächlich den gesteigerten Wert von Röstaromen in Form von Bitterkeit wahr. Die Specialty Coffee Association empfiehlt für einen ausgewogenen Filterkaffee eine Dosierung von 6-6,5 Gramm Kaffeemehl pro 100 ml Wasser. Für Filterkaffee ist dies eine ideale Richtschnur. Auch hier ist aber jeder Kaffee verschieden. 

 

WASSER & TEMPERATUR 

Das Wasser macht gut 90-99% eines Kaffees aus, und dennoch wird es meist unterschätzt in seiner Eigenschaft, den Geschmack des Kaffees zu beeinflussen. Grundsätzlich solltest du wissen, dass eine zu hohe Wassertemperatur beim Aufbrühen die feinen Aromen im Kaffeemehl verbrennt. In Folge wird dein Kaffee bitter schmecken. Zu kaltes Wasser (weniger als 88°C) kann einen säuerlichen Geschmack ergeben. 

Deshalb empfehlen wir bei Filterkaffee mit einer Temperatur von 88 bis 96°C zu experimentieren. Kaffees beinhalten unterschiedlich viel Säure. Säure ist zwar ein Geschmacksträger und ist für die "Lebendigkeit" des Kaffees wichtig, ist aber nicht jedermanns Geschmack.

Neben der Temperatur ist auch die Gesamthärte des Wassers wichtig. In unserem Kaffeeblog haben wir die wichtigsten Infos zusammengefasst. Kurz gesagt: umso weicher das Wasser, desto mehr werden die Säuren im Kaffee betont. Zu hartes Wasser kann den Kaffee fad und wenig aromatisch wirken lassen. 

 

WENN DEIN KAFFEE NICHT RICHTIG EXTRAHIERT WURDE … 

… kannst du Einiges tun. Anbei die wichtigsten Lösungsvorschläge, egal ob Espresso aus dem Siebträger, Lungo aus dem Vollautomaten oder Filterkaffee im Hario V60. Denke aber daran, immer nur eine Variable zu verändern 

 

LÖSUNG ZUR ÜBEREXTRAKTION:

  • Gröber mahlen (und damit die Fließgeschwindigkeit erhöhen)
  • Weniger Kaffeepulver verwenden
  • Extraktionszeit verkürzen (z.B. bei der French Press oder Aeropress)

 

LÖSUNG ZUR UNTEREXTRAKTION:

  • Feiner mahlen (und die Fließgeschwindigkeit damit verringern)
  • Mehr Kaffeepulver verwenden
  • Extraktionszeit verlängern (Filtermethoden) 

 

Anfangs mag diese Vorgehensweise etwas mühsam sein, aber denke daran: wenn du auf die Nuancen achtest, wirst du mit deinem Kaffee sehr viel Spaß haben! Wichtig dabei ist die sensorische Schulung: nur, wenn du geschmacklich wahrnimmst, was genau an der Extraktion nicht stimmt, kannst du entsprechende Änderungen vornehmen. Für mich persönlich ist dies jedes Mal ein riesengroßes "Aha-Erlebnis". Das wünsche ich dir auch!

 

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