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Artikel: Dein ultimativer Leitfaden für einen perfekten Espresso aka God Shot

Dein ultimativer Leitfaden für einen perfekten Espresso aka God Shot - carabica - fine coffee culture
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Dein ultimativer Leitfaden für einen perfekten Espresso aka God Shot

Es soll ihn tatsächlich geben - diesen "God Shot". Falls dir das nichts sagt, ist das nicht weiter schlimm. Entweder dir schmeckt dein Espresso auch so, oder du bist halt einfach noch nicht so tief drin.

    Kein Problem. Wir ändern das. 

    Bevor wir loslegen: dieser Blog-Artikel über den perfekten Espresso kann einen praktischen Übungsteil nicht ersetzen.

    Du kannst noch so viele Artikel lesen. YouTube Videos schauen und dem Barista in deinem Lieblingscafé Fragen stellen: nur wenn du die Muße hast an deiner Siebträgermaschine zu tüfteln, hast du eine Chance auf den God Shot. 

    Und damit meine ich nicht "etwas an deiner Siebträgermaschine rumspielen" oder "mal eben den Mahlgrad verstellen". Um einen wirklich erstklassigen Espresso zu zaubern solltest du in aller erster Linie Freude am Experimentieren haben.

    Nimm dir Zeit, deine Maschine, deine Bohnen und deine persönlichen Vorlieben wirklich wahrzunehmen. 


    Du musst dich sensorisch schulen, damit du den Espresso in der Tasse korrekt bewerten und sinnvolle, passende Änderungen vornehmen kannst. 

    Sensorik und Haptik kann ich nicht im Artikel vermitteln. Was du hier bekommst ist dennoch wertvoll und sollte dir helfen, die Qualität deines Espressos sofort zu steigern. 

     

    Du wirst lernen, 

    1. Was ein Espresso überhaupt ist und warum die meisten Deutschen am Espresso scheitern, 
    2. Wie du erkennst, ob dein Espresso korrekt extrahiert wurde
    3. Welche Schritte du gehen musst, um endlich deinen God Shot zu machen

     

    Der perfekte Espresso - carabica fine coffee culture Kaffee Online Shop

     

    Eins solltest du aber verinnerlichen: all dein Wissen bringt dir nichts, wenn du sensorisch nicht gut drauf bist. Und wenn kein "God Shot" bei deinen Bemühungen rauskommt, hast du ganz sicher trotzdem genug gelernt, um deine Freunde zu beeindrucken. 

    Legen wir los. Mit den Kaffee-Basics. 

     

    Was ist ein Espresso?

    Der Espresso ist eine der weltweit beliebtesten Kaffeevarianten

    Und nein, da ist kein "x" drin. Expresso ist nicht gleich Espresso. Auch wenn das viele nicht glauben wollen. 

    Für viele Menschen ist Espresso kraftvolles, intensives Aroma ohne Bitterkeit oder Säure. Mit samtig weicher Konsistenz umschmeichelt er den Gaumen und hinterlässt einen eindrücklichen, angenehmen, langanhaltenden Nachgeschmack. 

    Espresso ist aber nicht bei allen beliebt: zu stark, zu bitter, zu viel Koffein (?), zu wenig Kaffee in der Tasse. Unabhängig von persönlichen Vorlieben gibt es aber eine anerkannte Definition von "Espresso"

    Und darum kümmert sich das "Instituto Espresso Italiano" - ja, sowas gibt es wirklich.

    Die technischen Voraussetzungen für einen Espresso sind: 

    • Dosierung Kaffeemehl: 7g (+/- 0,5g)
    • Wassertemperatur Brühgruppe: 88°C (+/- 2°C)
    • Temperatur des Espresso in der Tasse: 67°C (+/- 3°C)
    • Wasserdruck Brühgruppe: 9 Bar (+/- 1 Bar)
    • Brühzeit: 25 sec (+/- 2,5 sec)
    • Viskosität bei 45°C: > 1,5 mPa s
    • Fettgehalt: > 2 mg/ml
    • Koffeingehalt: 100 mg/Tasse
    • Füllmenge: 25 ml (+/- 2,5 ml) 

     

    Espresso Definition nach Instituto Espresso Italiano

     

    Die Grafik oben zeigt die bewerteten Aspekte eines Espressos. [Quelle]

    Für mich auffällig: Säure ist da. Denn ohne Säure wäre dein Espresso langweilig. Wie viel Säure, entscheidest du selbst. 

     

    Espresso ist eine Lösung. Vielleicht nicht die Lösung aller Probleme, aber zumindest nach Definition des Instituts eine "Lösung" im chemischen Sinne: Durch die Extraktion mit Wasser gehen die wasserlöslichen Bestandteile wie Säuren, Koffein, Zucker und Proteine in das Getränk über. 

    Espresso ist gleichzeitig eine Emulsion. Kaffee enthält ätherische Öle, die den Kaffee geschmacklich interessant machen. Auch die hohe Viskosität zeigt, dass Fette wichtiger Bestandteil der Kaffeebohne sind. Durch Druck und Hitze werden diese wasserunlöslichen Bestandteile "emulgiert" und landen ebenfalls in unserer Tasse. 

    Schließlich ist Espresso eine Suspension. Auch feine Pflanzenfasern, Pflanzenzellen und Gasbläschen landen im Getränk. 

     


    Möglich macht dies deine Siebträgermaschine. Es ist die einzige Zubereitungsmethode, die bis zu 90% der ätherischen Öle aus deinem Kaffeemehl emulgieren kann. Immer wieder beeindruckend. 

    Gleichzeitig enthält Espresso weniger Gerbsäure und Bitterstoffe als ein Filterkaffee. Falls du dich fragst: Gerbsäure kann Bauchweh machen. 

    Darüber hinaus hat ein Espresso bis zu 40% weniger Koffein als ein normal großer Filterkaffee. Das liegt an der vergleichsweise deutlich kürzeren Extraktionszeit. 

    Link zu den Kaffee Brew Guides auf carabica - Kaffee Online Shop 


    Klingt erstmal kompliziert. Ist es auch. Nicht zuletzt deshalb, weil Italiener gar keinen Espresso bestellen, sondern vielmehr nach einem "Caffé" fragen. 

    Aber: Lass dich nicht verunsichern. Die Praxis sieht tatsächlich anders aus. Aber dazu später mehr. 

     

    Wenn es so klare Regeln und Richtlinien für die Zubereitung eines Espresso gibt, 

    warum scheitern dann so viele an der Zubereitung eines wirklich hervorragenden Espresso?

    Kaputte Kaffeetasse - wenn der Espresso nicht schmeckt

     

    Wenn du diesen Artikel ausführlich liest, geht es dir vielleicht genauso. 

    Im Urlaub in Italien - die Sonne strahlt sanft durch die Fenster der italienischen Cafébar - genießt du dieses kleine Tässchen "pures Gold". Ein Espresso, der einfach Laune macht. 

    Der nach mehr schmeckt. 

    Gut abgerundet und dennoch markant. 

    Ein Espresso aus Italien eben. 

    Wie oft werde ich darauf angesprochen: es lautet dann meist so ...

    "Mein Espresso zu Hause schmeckt einfach nicht so geil wie der im Urlaub, obwohl ich sogar italienische Bohnen gekauft habe."


    Tja. Deutschland ist eben nicht Italien. Deine Maschine nicht die der Cafébar. Du bist nicht der gleiche Barista. Und im Urlaub bist du zu Hause eben auch nicht. 

    Und dann geht es los. 

    Auf YouTube, Kaffeeblogs und in Foren wird recherchiert, gefragt und analysiert. Woran liegt es, dass dein Espresso einfach nicht sein volles Potential entfaltet.

     

    Zu starre Vorstellungen

    Aufgrund meiner langjährigen Erfahrung als Barista, Röster und Kaffee Online Shop Betreiber habe ich gelernt, dass leider sehr viele Siebträgerbesitzer unzufrieden sind mit dem Ergebnis in der Tasse. 

    Ich bin davon überzeugt, dass zu viele Menschen zu starre Regeln und Vorstellungen vom perfekten Espresso haben. Die oben genannten technischen Erläuterungen wurden festgelegt, um die Basis für das Getränk, die Zubereitungsart und das Lebensgefühl "Espresso" zu legen. 

    In meinen Augen ist diese Definition eine Einladung zum Experimentieren. 

    Daneben wissen die meisten Heimbarista, dass ein single shot Espresso in der Regel ca. 11g Kaffee verwendet und damit meilenweit von der obigen Richtlinie entfernt ist. 

    Und das genau ist eines der größten Probleme. Auf Biegen und Brechen wird dann versucht, die technischen Voraussetzungen zu erfüllen. 

    Das kann nicht klappen. 

    Statt lediglich irgendwelche Zahlen zu treffen und nach Lehrbuchdefinition vorzugehen, empfehle ich dir: verlass dich auf deinen Gaumen

    Ich arbeite meist nach dem Motto "was schmeckt ist korrekt". Oder so ähnlich. 

    Will heißen: wenn dein Kaffee dir so, wie du ihn zubereitest schmeckt, ist alles in Ordnung. 


    Gleichzeitig kannst du jederzeit spielen, ausprobieren, neues entdecken. Auch ich bin immer wieder verblüfft, wenn ich mal (aus Versehen oder bewusst) die ausgetretenen Pfade verlasse und Dinge ganz anders mache.

    Eben mal nicht so, wie die "Experten" es vorgeben. 

     

    Ristretto, Espresso, Lungo

    Wenn ich als Barista auf internationalen Messen mein Kaffee-Catering anbiete, sind auch immer wieder italienische Kaffeeliebhaber bei mir zu Gast. In der Regel bestellen sie dann einen "Caffé" und deuten mit dem Daumen und Zeigefinger an, dass dieser klein sein soll. 

    Sehr klein. 

    Merken meine Gäste, dass ich aus Deutschland bin, betonen sie dann noch gern, dass es ein "Ristretto" sein soll. 

    Bei aller Liebe zur Definition eines Espresso, nehmen es die Deutschen bei der Füllmenge ihrer Tasse dann wiederum doch nicht so genau. 

    Ein Espresso ist "kurz". Den meisten Deutschen ist er "zu kurz". Ob das kulturell bedingt ist?

    Ristretto bedeutet "verkürzt". Er ist also ein verkürzter Espresso. Noch weniger Wasser als beim Espresso bedeutet eine noch höhere Aromakonzentration. 

    Eine wahre Geschmacksbombe. 

    Der Lungo hingegen ist ein verlängerter Espresso. Bei der klassischen Zubereitung eines Lungo wird etwa 90-110ml Wasser verwendet. Er ist damit zwar geschmacklich schwächer und "milder" als ein Espresso, gleichzeitig aber von starker Bitterkeit geprägt. 

    Fassen wir zusammen: Deutsche wollen mehr in der Tasse haben. Wird diese mehr gefüllt, wird der Kaffee bitterer. Es ist dann kein Espresso, aber auch noch kein Lungo. 

    Ganz einfach. 

    Doch auch wenn du jeden Espresso Shot mit Feinwaage misst und die korrekte Füllmenge triffst, bist du noch nicht am Ziel. Bekanntlich brauchst du das passende Verhältnis aus Dosierung und Mahlgrad

     

    Sieht blöd aus, schmeckt auch nicht

    Dosierung und Mahlgrad bilden im Zusammenspiel die wahrscheinlich wichtigsten Faktoren für eine korrekte Extraktion bei der Zubereitung eines Espresso. [die Wichtigkeit einer guten Mühle blenden wir hier der Einfachheit halber aus]

    Im Mahlgrad Tutor findest du passende Tipps für deinen Mahlgrad: 

    Mahlgrad Tutor für Kaffeezubereitung

     

    Dosierung

    Wenn laut Lehrbuch 7g für einen Espresso verwendet wird, sollten wir dann 14g für einen doppelten Espresso nutzen? 

    Hast du schon am eine Nespresso Kapsel aufgemacht? Eine Standardkapsel von Nespresso enthält lediglich ca. 5-6 g Kaffee! [Quelle]

    Siebträgermaschinen werden heutzutage mit Standardsieben ausgeliefert. Meist passen in Single Siebe dann 11 bis 12g Kaffee; in ein doppel-Sieb 18-22g Kaffeemehl. 

    Wie passt das zusammen? 

    Eben. Gar nicht.

    Die Geschichte läuft fast immer gleich: ein Kunde berichtet voller Stolz von seinem neuen Siebträger und fragt im nächsten Atemzug "wie viel Kaffee muss ich da reinmachen?"

    Meist stellt sich raus, dass der stolze Siebträgermaschinen Besitzer viel zu niedrig dosiert. 

    Die Folge: unterextrahierter Kaffee und Matsche im Siebträger

    Deutlich seltener kommen meine Kunden mit dem Problem der "Überdosierung" zu mir. Aber auch das ist möglich. Bei sehr viel Kaffeemehl wird das Wasser gar nicht mehr durch den Kaffeepuck dringen. In der Tasse kommt nichts an. Oder es tröpfelt nur sehr sehr langsam aus dem Siebträger.

    Dann ist jedem Heimbarista klar: da ist zu viel Kaffeemehl drin. 

     

    Mahlgrad

    Der Mahlgrad ist die zweite wichtige Komponente. Die Schwierigkeit liegt - übrigens auch für Profi-Barista - darin, dass mit jeder Veränderung des Mahlgrads, auch die Dosierung automatisch schwankt. 

    Mahlst du deinen Kaffee feiner bei gleicher "grind on demand" Einstellung (d.h. gleiche Mahldauer, z.B. 4,5 sec), wird gemessen am Gewicht weniger Kaffeemehl im Siebträger landen. 

    Du hast also feiner gemahlen und automatisch auch die Dosierung leicht verändert. 

     

    Dialling In

    Das "dialling in" beschreibt den Prozess der Mühleneinstellung. Damit deine Dosierung konstant bleibt, solltest du immer mit einer Feinwaage arbeiten. 

    Die Mühle grundsätzlich einzustellen ist in der Regel nicht schwer: 

    1. Lege fest, wieviel Kaffeemehl du verwenden möchtest (18-20g bei dunklen Röstungen, bis zu 22g bei helleren Röstungen als Richtwert)
    2. Mahle von grob nach fein: beginne mit einem zu groben Mahlgrad und mahle mit jedem Versuch feiner bei konstanter Dosierung.
    3. Wiederhole den Prozess, bis dein Espresso die gewünschte Brühzeit (25-30 sec) hat. 

     

    Jetzt bist du bereit. 

    Bereit zu prüfen, wie dein Ergebnis in der Tasse ist. 

    Grundsätzlich gibt es drei Möglichkeiten: Unterextraktion, Überextraktion, korrekte Extraktion. 

    Das Schwierige daran ist: eine Extraktion mag gut aussehen, eine schöne Crema bilden und die richtige Füllmenge haben. Dennoch kann dieser Espresso überextrahiert sein. 

    Ich habe selbst einige Jahre lang nicht "erkannt", dass mein Espresso überextrahiert ist. Die Lösung: du hast es geahnt - sensorische Schulung. 

    Für deine Extraktion an der heimischen Kaffeemaschine habe ich dir ein paar Beispiele mitgebracht. So erkennst du auch zu Hause ganz schnell, ob ein Bezug Potential für einen God Shot hat: 

    Für unsere Anschauungsreihe haben wir zwischen 17 und 24g Kaffeemehl verwendet. Auch am Mahlgrad haben wir rumgespielt.

    Unterextraktion

    Bei einer Unterextraktion bildet der Espresso eine nur dünne und sehr helle Crema aus. Oft sind Bläschen darin zu sehen. 

    Geschmacklich ist der Espresso flach, wässrig, fad. Ihm fehlt die typische Viskosität und seidige Konsistenz. Oft schmeckt er säuerlich. 

    Das Kaffeemehl ist vermutlich zu grob gewählt. Es bietet dem Wasser zu wenig Widerstand, so dass die Durchflussgeschwindigkeit zu hoch ist. 

     

    Beispiel: unterextrahierter Espresso mit 17g Kaffeemehl

    Bei diesem Beispiel haben wir sowohl den Mahlgrad gröber als auch die Dosierung geringer eingestellt. Im Resultat sehen wir einen Espresso nach 19 Sekunden Extraktionszeit. 

    Der Kaffee fließt viel zu schnell in die Tasse. 

    Espresso Beispiel Unterextraktion - unter extrahiert

    Bei besonders dunklen Espressobohnen können auch 20 Sekunden akzeptabel schmecken. In unserem Fall haben wir einen 100% arabica aus Indien verwendet. Die kurze Bezugsdauer führt zu einem unausgewogenen, leicht säuerlich anmutenden, wässrigen und faden Espresso. Auch die Crema ist heller als gewünscht, dünn und unbeständig.  

    Vorsicht: Helle Espressosorten werden auch bei gelungener Extraktion in der Regel eine recht helle Crema ausbilden. 

     

     

    Überextraktion

    Bei einer Überextraktion hat der Kaffee meist eine sehr dunkelbraune bis rötliche Crema. Lange Zeit dachte ich, dass eine "gefleckte" Crema ein Zeichen von Qualität ist. Die sogenannten Tigerstreifen deuten aber tatsächlich darauf hin, dass dein Kaffee potentiell überextrahiert sein könnte. 

    Manchmal kannst du auch einen sehr dunklen Rand an der Crema erkennen, obwohl der Rest der Crema einen guten Farbton aufweist. 

    Geschmacklich ist dieser Espresso harsch, kräftig und stark bitter. Anfangs tröpfelt der Espresso aus dem Siebträger, sieht schwer und dickflüssig aus. Oft "entwickelt" sich der Bezug und fließt gegen Ende etwas schneller.  

    Der Mahlgrad wurde wahrscheinlich zu fein gewählt. Das Kaffeemehl fällt klumpig aus der Mühle. Beim Tampen bildet das Kaffeemehl so eine schwer überwindbare Barriere. Überextrahierte Kaffees beziehen in der Regel länger als 35 sec. 

    Sondersituation Ristretto: falls gewünscht kann ein überextrahierter Espresso mit 28-30 sec noch als Ristretto durchgehen. Hier ist dein persönlicher Geschmack entscheidend. 

     

    Beispiel: stark überextrahierter Espresso

    Wir haben uns viel Mühe gegeben und einen überextrahierten Espresso mit 24g Kaffeemehl zubereitet. Wie beschrieben, tröpfelt der Kaffee sirupartig aus dem Siebträger. Manche Heim-Barista sehen dies als etwas "Gutes". Sollte sich der Espresso im weiteren Verlauf "entwickeln" und die Fließgeschwindigkeit erhöhen, kann daraus noch ein guter Espresso werden. 

    Espresso Beispiel Überextraktion - über extrahierter Kaffee

    In unserem Fall ist der Espresso dunkelbraun und stark bitter. Die Extraktion dauerte fast 1 Minute. 

     

     

    Korrekte Extraktion

    Der optimale Espresso hat eine haselnussbraune, feste Crema mit nur leichter Marmorierung. Die dicke einer guten Crema liegt bei ca. 3-5mm. 

    Wichtig ist, dass dein Kaffee nicht zu frisch ist: Espresso kann nach der Röstung gut 10 bis 12 Tage liegen und ausgasen. Zwar bilden sehr frische Röstungen einen dicke Crema, diese ist aber meist harsch und scharf im Geschmack, da frische Röstungen noch viel CO2 gebunden haben. 

    Geschmacklich ist dieser Espresso kräftig, aber nicht bitter. Die Konsistenz ist samtig und geschmeidig, fast schon sirupartig. Im Nachgeschmack angenehm und langanhaltend. 

    In diesem Fall wurde die Mahlung so gewählt, dass der Kaffee beim herausfallen beginnt zu Klumpen. Diese Klumpen zerfallen aber schnell wieder und können im Siebträger gut verteilt werden. 

    Der Bezug beim optimalen Espresso liegt irgendwo zwischen 22 und 30 sec. Dies bedeutet aber nicht, dass ein Kaffee mit 35 oder gar 40 sec Bezugszeit nicht schmeckt. 

     

    Beispiel gelungener Bezüge

    Gemessen an den technischen Voraussetzungen haben wir mit unserem Indischen Kaffee "Nagambika" zwei gelungene Extraktionen hergestellt. Beide Bezüge liefen zwischen 24 und 30 Sekunden und hatten eine goldbraune, beständige Crema.

    18g Kaffeemehl: für uns eher am unteren Ende der Standard-Dosierung, aber mit relativ fein gemahlenem Kaffeemehl bieten wir dem Wasser eine große Angriffsfläche. 

    Kaffee Espresso Bezug und Extraktion mit 18g Kaffeemehl

     

    22g Kaffeemehl: entsprechend gröber gemahlen, dafür deutlich höher dosiert kommt dieser Kaffee mit fast der gleichen Extraktionszeit in die Tasse.

    Kaffee Espresso Bezug und Extraktion mit 22g Kaffeemehl

     

    Geschmacklich spricht uns der Espresso mit 18g Kaffeemehl eher an. Mit nur 18g Kaffee, aber feinem Mahlgrad, schaffen wir eine gute Balance aus zartbitterschokoladigen Aromen und Süße. Säure ist bei diesem Bezug so gut wie gar nicht vorhanden. Ein noch feinerer Mahlgrad könnte den Espresso in überbordende Bitterkeit kippen lassen. 

    Zudem wollen wir nicht verschweigen, dass der Bezug mit 18g Kaffeemehl knapp an der Überextraktion war. Hier siehst du den "dunklen Rand" in der Crema. Auch das Aroma wurde von röstigen, bitteren Aromen leicht überdeckt. Dennoch, dieser Bezug war insgesamt vollkommen in Ordnung und hat uns sehr gut geschmeckt.

     

     

    Ursachen für Über- und Unterextraktion auf einen Blick

    Du siehst: einen Espresso zuzubereiten ist einfach. Einen erstklassigen Espresso zu beziehen, erfordert etwas mehr Muße und Sorgfalt. Der Teufel steckt im Detail. 

    Optimal extrahierter Espresso und Gründe für schlechte Extraktion

    Aus dieser Übersicht ergeben sich gleichzeitig ganz konkrete und praktischen Hinweise darauf, ob dein Espresso gelungen ist oder eben nicht. 

    Sollte dein Espresso optimal extrahiert worden sein, wirst du ihn mit diesen Worten beschreiben wollen: reichhaltig, süß, angenehm, cremig, nuanciert, buttrig, sirupartig, körperreich, robust, balanciert. 

    Ein überextrahierter Espresso wird andere Gedanken hervorrufen: bitter, intensiv, harsch. 

    Sollte dein Espresso unterextrahiert sein: wässrig, sauer, salzig, langweilig. 

    Bei der Einordnung kann dir auch das von der SCA etablierte Aromarad helfen. 

     

    Faktoren, die die Qualität deines Espresso beeinflussen

    Einmal tief durchatmen. Wenn du bis jetzt gelesen hast, solltest du verstanden haben 

    a) was ein Espresso (nach technischer Definition) ist und 

    b) wie du erkennst, ob dein Espresso grundsätzlich korrekt extrahiert wurde. 

     

    Bereit für den Endspurt? Denn: ein paar Dinge gibt es zu beachten, bevor du dich an die Analyse machst. 

     

    1. Die verwendeten Kaffeebohnen

    Klar: Die Kaffeebohnen sind wichtig. Sehr wichtig sogar. So manch ein Gast fragt mich nach besonders leckeren "Espressobohnen". Ich frage dann, ob diese vom Espressobaum kommen sollen. 

    Kleiner Scherz. 

    Es gibt natürlich gar keine "Espressobohnen". Es gibt Kaffeesträucher. Am Kaffeestrauch wachsen Kaffeekirschen, meist mit je zwei Kernen. Den Kaffeebohnen. 

    Was du letztlich draus machst, ist dir überlassen. Beim Espresso gehen wir in der Regel davon aus, dass die Kaffeebohnen etwas länger / dunkler geröstet werden. Wie wir rösten, findest du in unserem Blog-Artikel über Kaffee und Röstgrade

     

    Röstgrade erklärt

     

    Neben dem passenden Röstgrad, sollten deine Kaffeebohnen

    a) frisch geröstet (nach einer Reifezeit von ca. 12-20 Tagen),

    b) frisch gemahlen und

    c) für Espresso geeignet sein (z.B. trocken aufbereitete Äthiopier oder Mischungen mit canephora Anteil)

     

    2. Das verwendete Wasser

    Kaffee besteht zu einem Großteil aus Wasser. Es ist letztlich der wichtigste Rohstoff für die Kaffeezubereitung. Achte deshalb auf gutes Wasser. 

    Hier bei uns im südlichen Schwarzwald ist das Wasser für die Zubereitung von Kaffee und Tee so gut geeignet, dass wir teilweise gar keinen Wasserfilter verwenden müssen.

     

    Sauberes Wasser für Kaffee

     

    Mach deine Hausaufgaben: wir haben unser Wasser gemessen - sowohl die Wasserhärte als auch den Leitwiderstand mit Microsiemens. Messgeräte für Microsiemens gibt es mittlerweile günstig zu kaufen. Wir achten auf einen Wert unter 120, was meist unter der Trinkwasserqualität aus deutschen Wasserhähnen liegt. 

    Einfach nur filtern kann helfen. Muss es aber nicht. Du solltest schon wissen, womit du arbeitest [wir können hier nicht ins Detail gehen, da das den Rahmen dieses Artikels sprengen würde]. 

    Wasser mit niedrigem pH Wert kann - gerade bei helleren Röstungen - zu säuerlich schmeckenden. Härteres Wasser ist eher basisch, kann dadurch aber die feinen Fruchtsäuren puffern und dadurch den Espresso flach und wenig aussagekräftig machen. 

     

    3. Die verwendete Mühle

    Heute dein Essen schon mit Kaffee gewürzt? Nein? Warum mahlst du dann deine Kaffeebohnen mit der Gewürzmühle?

    Die Gewürzmühle wird tatsächlich sehr häufig für das Mahlen von Kaffee missbraucht. 

    Noch schlimmer ist der Thermomix. 

    Schlagmesser haben die Eigenschaft die Kaffeebohnen zu zerfetzen. Das Ergebnis ist ein Mix aus extrem feinen und sehr groben Kaffeepartikeln. Nutzt du dieses Kaffeemehl für deinen Espresso, wird dein Ergebnis in der Tasse unausgewogen und suboptimal schmecken.

    Darüber hinaus wirst du vermutlich Channeling bekommen. 

    Nutze eine Mühle, die möglichst uniform mahlt. Sowohl Kegelmahlwerke als auch Scheibenmahlwerke sind hierfür geeignet. Lass dich im Fachgeschäft beraten. Für eine gute Mühle, solltest du aber ausreichend Budget mitbringen [ab EUR 500]. 

     

    sehr alte Kaffeemühle manuell von hand

     

    Absolute Profis mit sehr viel Zeit nutzen das Siebfilter-System von Kruve. Mit diesem Filtersystem kannst du gezielt fines aber auch die gröberen Partikel herausfiltern und erhältst das wahrscheinlich uniformste, gleichmäßigste Mahlgut überhaupt. 

     

    4. Die Reinigung deines Equipments

    Du wusstest, dass es kommt. Jeder Siebträgerfan hasst es. Es gehört aber zum notwenigen Übel. 

    Das Putzen der Maschine ist ein zentraler Bestandteil für die Qualität deines Espressos. 

    Rückstände im Siebträger siehst du übrigens erst, wenn du das Sieb entfernst. Häufig arbeite ich auf Messen an Fremdmaschinen. Das ist wie mit Mietautos: gehört mir nicht, also muss ich auch nicht gut drauf aufpassen. 

    Darunter leidet in der Regel die Reinigung. Der schwarze Film, der sich im Siebträger bildet, lässt deinen Espresso bitter und ranzig schmecken. 

    Auch das tägliche Reinigen der Brühgruppe ist eine gute und notwendige Angewohnheit eines professionellen Baristas. Auch, wenn du nur 5-10 Kaffee pro Tag zubereitest, solltest du mit einem Blindsieb das Duschsieb und die Brühkopf reinigen. Reinigungsmittel solltest du mindestens alle 2-3 Tage verwenden. 

    Glaub mir: ich habe die Reinigung selbst oft genug als lästige Pflicht vernachlässigt. Den Preis habe ich bezahlt. 

     

    5. Die Sorgfalt bei der Zubereitung [u.a. siehe Channeling]

    All dein theoretisches Fachwissen hilft dir nicht, wenn du grob fahrlässig an der Maschine bist. Du kannst das perfekte Wasser und optimal geröstete Bohnen verwenden. Alles bringt nichts, wenn du nicht gelernt hast sorgfältig den Espresso zuzubereiten. 

    Gerne zeige ich dir persönlich, wie ich arbeite. In meinem Blog Artikel über Channeling habe ich ausführlich beschrieben, worauf du achten musst, um das bestmögliche Ergebnis zu erzielen. 

     

    Channeling bei der Espresso Zubereitung

     

     

    6. Deine sensorischen Fähigkeiten

    Du hast es geahnt: natürlich spielen auch deine sensorischen Fähigkeiten eine entscheidende Rolle. 

    Wer einen (durchaus möglichen) Fehlgeschmack in der Tasse entdeckt, sollte dann auch schlussfolgern können, was zu tun ist:

    Kommt der Fehlgeschmack durch die Zubereitung zustande, kann der Barista Änderungen vornehmen. Dann muss der Geschmack so fein geschult sein, dass er weiß, welche Stellschrauben zu drehen sind. Bitter und sauer sind dann nur die groben Richtungen. Jetzt gehts ans finetuning. 

    Kommt der Fehlgeschmack aber durch mangelhafte Lagerung, schlechte Röstung oder gar Fehler an der Rohware, sollte ein Barista auch dies erkennen können, statt unendlich lang die Mühle umzustellen und letztlich an seinen Fähigkeiten zu verzweifeln. 

     

    Dein Weg zum God Shot

    Zugegeben. Ich habe schon sehr sehr viele Espressi zubereitet. Ein paar Mal dachte ich dabei "Wow. Dieser Espresso schmeckt besonders gut."

    Das ist aber auch für mich die Ausnahme. 

    Als professioneller Barista für Kaffee-Catering auf Messen und Events aller Art halte ich mich aber an genau die Regeln, die ich oben und in anderen Artikel so ausführlich präsentiert habe. 

    Ich erreiche damit außerordentlich gute Ergebnisse und freue mich immer über das sehr positive Feedback und die mir entgegengebrachte Wertschätzung. 

    Wenn auch du mehr Konstanz und Freude bei der Zubereitung deines Espresso haben willst, lass es mich wissen. Folge den Schritten, die ich für dich aufgelistet habe und beeindrucke Freunde und Familie. 

    Sollte der Knoten nicht platzen, komm vorbei und wir schauen uns deinen Workflow gemeinsam an.

    Dann steht dem Genuss nichts mehr im Weg. 

     

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